Kein Arbeitslohn bei schenkungsweiser Übertragung von Gesellschaftsanteilen zur Sicherung der Unternehmensnachfolge (BFH vom 20. November 2024, VI R 21/22)
Sachverhalt
Im Rahmen der Unternehmensnachfolge beschlossen die Gesellschafter einer GmbH, ihre Geschäftsanteile auf ihren Sohn und mehrere leitende Mitarbeiter, darunter die Klägerin, unentgeltlich zu übertragen. Ziel war es, die langfristige Fortführung des Unternehmens sicherzustellen, da der Sohn aufgrund anderer beruflicher Verpflichtungen die Geschäftsführung nicht allein übernehmen konnte.
Die Übertragung erfolgte ohne Gegenleistung und war nicht Bestandteil der Arbeitsverträge der Mitarbeiter. Das Finanzamt wertete die Übertragung jedoch als steuerpflichtigen Arbeitslohn gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die Klägerin erhob Klage und argumentierte, die Übertragung diene allein der Unternehmenssicherung und nicht der Vergütung ihrer Arbeitsleistung.
Erkenntnisse aus der Entscheidung
Abgrenzung Arbeitslohn und andere Zuwendungen:
Der BFH stellte klar, dass Zuwendungen nur dann als Arbeitslohn gelten, wenn sie als Gegenleistung „für“ die Arbeitsleistung des Mitarbeiters gewährt werden. Im vorliegenden Fall fehlte jedoch jeder Bezug zwischen der Geschäftsanteilsübertragung und der Arbeitsleistung.
Fokus auf Nachfolgeplanung:
Die Übertragung diente ausschließlich der Sicherung der Unternehmensnachfolge. Die Einbindung der leitenden Mitarbeiter als Gesellschafter sollte die Stabilität des Unternehmens fördern und war kein Bestandteil der Entlohnung.
Einzelfallprüfung entscheidend:
Der BFH betonte, dass die steuerliche Einordnung von Zuwendungen immer eine Gesamtabwägung erfordert. Beweggründe wie unternehmerische Notwendigkeiten und die Zielsetzung der Übertragung sind maßgeblich.
Keine automatische Einordnung als Arbeitslohn:
Nicht jede Zuwendung eines Arbeitgebers oder dessen Gesellschafter an einen Arbeitnehmer ist steuerpflichtiger Arbeitslohn. Fehlt der Zusammenhang mit der Arbeitsleistung, liegt keine Entlohnung vor.
Wert der Unternehmensnachfolge:
Die langfristige Fortführung des Unternehmens stand im Mittelpunkt der Entscheidung. Die Übertragung war ein strategischer Schritt zur Sicherung der Stabilität und der nachhaltigen Führung des Unternehmens.
Folgen für die Praxis
Dieses Urteil stärkt die Rechtssicherheit bei der Nachfolgeplanung.
Unternehmen können sicherstellen, dass Zuwendungen wie Geschäftsanteile nicht automatisch als Arbeitslohn behandelt werden, wenn sie strategischen oder unternehmerischen Zwecken dienen.
Tipp: Dokumentieren Sie den Zweck der Übertragung präzise, um Missverständnisse mit der Finanzverwaltung zu vermeiden.
Dieses Urteil bietet einen guten Leitfaden für Gestaltungen dieser Art.